(Interview aus dem Schmetterling 141/142)

Janne Prager ist ehemalige Patientin des Kinderkrebs-Zentrums Hamburg. Im Alter von sechs Jahren erkrankte sie an einer akuten lymphatischen Leukämie (ALL), mit 13 an einem Rezidiv. Heute ist sie gesund. Die 27-jährige studiert Rehabilitations-Psychologie, wohnt am Rande Hamburgs und möchte später als Psychologin im Leistungssport-Bereich arbeiten. Für den Schmetterling stellt Janne immer wieder Förderprojekte vor und interviewt Menschen, die sich stark machen im Kampf gegen Krebs im Kindesalter.

In der Ausgabe 141/142 vom August 2022 stellte sie das Förderprojekt „Study Nurse“ aus dem Bereich der Patientenversorgung vor. Mit dieser Förderung unterstützt die Fördergemeinschaft seit 2022 die Bemühungen der Klinik, neue Medikamente in sogenannten Phase I/II Studien auch in Hamburg schnell in die Patientenversorgung zu bringen und finanziert die Stelle einer Study Nurse. Sie unterstützt die leitenden Ärzte bei den umfangreichen Vorbereitungen und Umsetzungen der klinischen Studien. Für diese Tätigkeiten, die nicht als Standardkrankenversorgung anzusehen sind, standen keine Mittel zur Verfügung.

Vor ein paar Wochen klingelte mein Telefon: ein neuer Termin für mein nächstes Interview steht an. Dieses Mal geht es um Frau Agata Rokojzo, die als „Study Nurse“ am Kinderkrebs-Zentrum Hamburg arbeitet. „Study Nurse“ – von diesem Begriff hatte ich vorher noch niemals gehört.  Mein Interesse war geweckt. Ab ins Internet und die Suchmaschine angeworfen. Direkt übersetzt aus dem englischen bedeutet er „Studienschwester“, ein Synonym für „Study Nurse“ ist auch Studienassistent*In. Dies ist doch ein Begriff, mit dem ich etwas anfangen kann. Aber was genau der Job einer Studienassistentin ist, wollte ich mir von Frau Agata Rokojzo persönlich erklären lassen. Auf der Terrasse der Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft treffe ich Frau Rokojzo. Sie erzählt mir kurz von ihrem Weg über das Medizinstudium, Ihrer Arbeit in einem Schlaflabor, bei der Sie Schlafmedikationen untersuchte, bis zu ihrer beruflichen Anstellung in der klinischen Forschung Hamburg. Dieser Standort ist einer von sieben Forschungsstandorten in Deutschland. Dort hat sie drei Jahre gearbeitet und die Weiterbildung zur „Study Nurse“ erfolgreich absolviert. Sie erzählt mir, dass es nur durch diese Weiterbildung möglich ist, sich zur „Study Nurse“ zu qualifizieren. Voraussetzung dafür ist zunächst eine abgeschlossene medizinische oder bio-chemische Ausbildung. Inhaltlich ist wichtig zu wissen, dass jedes neue Medikament zunächst vier Phasen durchlaufen muss, bis eine Zulassung überhaupt möglich ist. Frau Rokojzo hat über ihre Laufbahn alle Studienphasen mit begleitet. Ihr größter Wunsch war es, nach langer Erfahrung der Begleitung von Erwachsenenstudien, einmal mit Kindern zu arbeiten. Mit dem Ziel ihren Teil dazu beizutragen, dass auch erkrankte Kinder wieder ein glückliches und gesundes Leben führen können. Diesem Ziel kam sie näher, als sie durch eine Empfehlung die Möglichkeit erhielt, sich die Stelle der Studienassistentin am Kinderkrebs-Zentrum Hamburg näher anzugucken. Nach dem Gespräch mit Herrn Prof. Rutkowski und Herrn Dr. Kordes war sie so begeistert, dass sie ohne weiter zu überlegen direkt zugesagte. Jetzt betreut sie Studien in der Kinderkrebsforschung auf der Suche nach neuen, wirksamen Medikamenten, die Tumore oder andere Krebserkrankungen bekämpfen. Aktuell arbeitet sie in Studienphase 1 und 1a, bei denen die Medikamente noch niemals vorher oder in nur sehr geringer Dosis an Kindern getestet wurden. Als ich nach ihren konkreten Aufgaben frage, bekomme ich Schwierigkeiten mitzuschreiben. Ich bin begeistert von ihrem vielfältigen Arbeitsbereich aber auch überrascht von dem Arbeitsumfang. Zu ihren Aufgaben am Kinderkrebs-Zentrum Hamburg gehören die Betreuung der an der Studie teilnehmenden Kinder, das Koordinieren der Termine mit den Eltern und den verschiedenen Schnittstellen am UKE und mit anderen Ärzten. Aufgrund des hohen Aufwands sind es meist nur einige Kinder, die Frau Rokojzo in ihrem Programm hat. Eine besondere Herausforderung ist es, dass viele Kinder nicht aus Hamburg kommen und dennoch für die Voruntersuchung, die Medikamentengabe und Nachuntersuchungen ins UKE kommen müssen. Alle Untersuchungen und Medikamentengaben müssen sich streng nach dem Protokoll richten, teilweise sogar auf die Stunde oder genau auf die Minute erfolgen.  Von ihr gezogene Proben werden dann ebenfalls durch sie dokumentiert, verarbeitet und verschickt. Die meiste Zeit verbringt Frau Rokojzo jedoch mit der Organisation und Aufbereitung der Pläne, sowie Koordination mit den Familien und Ärzten. Durch die regelmäßige genaue und enge Kommunikation mit den Eltern erfährt sie in der Regel als Erste, wenn es den Kindern schlechter geht oder irgendwelche Nebenwirkungen aufgetreten. Diese werden dann von ihr untersucht und die Ergebnisse penibel genau protokolliert. Außerdem führt sie regelmäßige Visiten durch.

Im Laufe des Interviews wird mir schnell klar, dass Frau Rokojzos Arbeit vielfältig, abwechslungsreich aber auch sehr herausfordernd ist. Sie muss jeden Tag voll konzentriert sein damit keine Fehler auftreten oder, falls sie doch passieren, wie z.B. vergessene Medikamente, durch die Patienten protokolliert und in den Studienergebnissen berücksichtigt werden. Als Grundlage und Orientierung dient ein Studienprotokoll, an das sich eine „Study Nurse“ in strengster Weise halten muss. Trotz all der Vorgaben und dem Ziel, Medikamente zur Behandlung von Tumoren zu finden, ist es Frau Rokojzo wichtig, dass keinem Patienten ein Medikament verabreicht wird, wenn es dessen Gesundheitszustand nicht zulässt. Deshalb ist ihre erste und wichtigste Frage im Patientenkontakt immer „Geht es dir gut?“. Für mich ist es schön zu erfahren, dass die Kinderkrebsforschung eine so kompetente, sympathische und vor allem empathische Unterstützung auf der Suche nach weiteren und vielleicht besseren Medikamenten zur Bekämpfung von Krebs aufweist. Ich bin tief beeindruckt von Frau Agata Rokojzo. Nach dem Interview ist für mich offensichtlich wie maßgeblich sie mit ihrer Arbeit an „Knack die letzten 20“ beteiligt ist und aktiv ihren Beitrag dazu leistet, dass hoffentlich zukünftig noch mehr Kinder eine Krebserkrankung überleben und geheilt werden. Danke Frau Agata Rokojzo, für Ihren Einsatz und Ihre tolle Arbeit! __ Janne Prager für den Schmetterling August 2022